Die Neun Planeten

Das Problem der Definition eines Planeten

Die Definition eines Planeten war bis in das Jahr 2006 hinein einer eher vorläufige: Was man bis dahin als Planet eingestuft hatte, war eben einer. Viele neue Objekte sind seit der Entdeckung des letzten dieser „historischen“ bekannt geworden, die – wie man so schön sagt – das Zeug zum Planeten hätten. Alleine, das mit der Einstufung als Planet blieb problematisch. Verschärft wurde das Problem durch die Tatsache, daß etwa seit dem Jahr 2000 immer mehr neue Objekte entdeckt wurden, die um Sterne kreisen und damit weit, weit außerhalb unseres Sonnensystems liegen. Was also zeichnet einen Planeten aus? Oder anders ausgedrückt: Woran kann man einen Planeten erkennen und von einem umherwandernden Gesteinsbrocken (etwa einem Kometen, einem Meteoroiden oder Asteroiden) unterscheiden?

Diesem Problem sollte sich die Internationale Astronomische Union während ihrer XXVI. Vollversammlung in Prag (14. bis 25. August 2006) widmen. Herausgekommen ist dabei in der Resolution 5A folgende Definition (beschlossen am 24. August 2006):

RESOLUTION 5A

...Die IAU beschließt [deshalb], daß „Planeten“ und andere Körper unseres Sonnensystems entsprechend der folgenden Definitionen in eine der drei Kategorien eingeordnet wird:

  1. Ein „Planet#1“ ist ein Himmelskörper, der
    1. sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne befindet,
    2. der genügend eigene Schwerkraft besitzt, um die Kräfte fester Körper so zu überwinden, daß er die Gestalt eines hydrostatischen Gleichgewichts (annährend rund) erreicht, und
    3. die nähere Umgebung seiner Bahn von anderen Körpern bereinigt hat.
  2. Ein „Zwergplanet#2“ ist ein Himmelskörper, der
    1. sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne befindet,
    2. der genügend eigene Schwerkraft besitzt, um die Kräfte fester Körper so zu überwinden, daß er die Gestalt eines hydrostatischen Gleichgewichts (annährend rund) erreicht,
    3. die nähere Umgebung seiner Bahn nicht von anderen Körpern bereinigt hat und
    4. nicht selbst ein Satellit [=Mond, Anm. d. Übs.] ist.
  3. Alle anderen Objekte#3 außer Satelliten, die um die Sonne kreisen, werden als „Kleine Objekte des Sonnensystems“ zusammengefaßt.

#1: Die acht Planeten sind: Merkur, Venus, die Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.

#2: Es wird ein IAU-Verfahren zur Abgrenzung von Zwergplaneten und anderen Kategorien eingeleitet.

#3: Diese umfassen gegenwärtig die meisten Asteroiden des Sonnensystems, die meisten Trans-Neptunischen Objekte (TNOs), die Kometen und andere kleine Körper.

 

RESOLUTION 6A

Die IAU beschließt desweiteren:

Pluto ist nach der vorstehenden Definition ein „Zwergplanet“ und ist anerkannter Prototyp einer neuen Klasse von Trans-Neptunischen Objekten.

Originaltext

Diese Definition darf wohl als etwas problematisch bezeichnet werden. Speziell die Definition eines Planeten sollte (meines unmaßgeblichen Erachtens) vielleicht noch einmal gründlich überprüft werden, zumindest insofern, als daß die Definition auch für Köprer außerhalb unseres Sonnensystems erweitert werden kann.

Anlaß für die Definitionsdiskussion war nicht zuletzt, daß immer mehr extrasolare Körper entdeckt wurden (und natürlich immer noch werden). Eine ausgegrenzte Definition nur für unser solares Sonnensystem ist da wenig hilfreich. Zum zweiten „funktioniert“ die Definition nicht so recht. Ohne die Fußnote, in der die acht Planeten aufgezählt werden, wären es nämlich weniger.

Jupiter fällt zum Beispiel aus dem eigentlichen Schema. Es kann keine Rede davon sein, daß die nähere Umgebung seiner Umlaufbahn von anderen Objekten außer seiner Monde bereinigt wäre. Das nächste Problem wären (wie bei allen Gasplaneten) die Ringe; das deren Erwähnung fehlt, weist darauf hin, daß diese Resolution 5A spontan aus dem Hut gezaubert wurde. Man mag zwar argumentieren, daß die Ringe der Gasplaneten aus Staub bestehen, allerdings nur nach astronomischen Maßstäben. Der Autor möchte jedenfalls nicht unbedingt einen Einschlag der größeren Staubkörner auf der Erde zu Lebzeiten miterleben...

Was für die Vermutung spricht, daß es sich bei der beschlossenen Resolution um eine Art Provisorium handelt, ist die Tatsache, daß direkt zuvor eine andere Resolution abgelehnt wurde, die aus den „bestehenden“ neun Planeten zwölf gemacht hätte. Bis zum 24. August 2006 war es eine Art ungeschriebene Regel, daß derartige Resolutionen mehr oder minder kommentarlos durchgewinkt werden. Allerdings hätte die Erhöhung der Anzahl der Planeten in unserem Sonnensystem um ein Drittel eine bedeutende Veränderung dargestellt. Mir erscheint es ein bißchen so, als wollte man nicht den Eindruck der Handlungsunfähigkeit erwecken und gar nichts beschließen, andererseits aber auch keine zu heftigen Veränderungen bewirken. Die eher konservative Definition (die – wie geschildert – ihre Schwächen hat), wurde dann auch von weniger als einem Zehntel der insgesamt zum Kongreß geladenen Fachleute verabschiedet – dies nur am Rande erwähnt. Denn vielleicht hat das akademische Gezerre darum, was denn nun als Planet zu gelten hat und was nicht, auf die bis zur Abstimmung entschwundenen Fachleute den selben Eindruck wie auf den Gegenstand selbst: Jupiter strahlt seitdem nicht heller und Pluto wurde auch nicht runder davon.

Nicht unerwähnt soll aber auch bleiben, daß die Resolution 5A gewisse Vorteile hat. Pluto fiel seit seiner Entdeckung aus dem Rahmen, nicht zuletzt, weil seine Bahn ausnehmend stark zur Ekliptik geneigt ist. In vielerlei Hinsicht (da läßt sich viel zusammentragen) ist es nicht völlig inkonsequent, ihn aus dem exklusiven Klub der Planeten auszuschließen. Und wer weiß, vielleicht war ein Großteil der Aufregung über die Resolution 5A nur Ausdruck der Überraschung darüber, daß eben nicht wie üblich Anträge zu Definitionen einfach durchgewunken werden?

Unter dem Strich bleiben nur Schall und Rauch – und eine verpaßte Chance, zukünftig für Ordnung im extrasolaren Bereich zu sorgen. Aber wen stört's wirklich?


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Impressum, © Michael Wapp; zuletzt ergänzt: 30. Dezember 2008